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Widerspenstiger Gutachter Teil II

Aktueller Fall 2. Variante: Widerspenstiger Gutachter

 

Böse Überraschung im Sorgerechtsverfahren

Frau Erna Brösel ist ausgebildete Familienpsychologin mit eigener Praxis. Sie hat 2 Kinder den Mark 4 Jahre im Kiga, den Samuel 10 Jahre im Gymnasium.

Erna Brösel ist verheiratet seit 12 Jahren mit Max Brösel einem IT-Techniker. Die Eltern sind erfolgreich, die Kinder gelten als begabt. Doch unter der Fassade brodelt es.

 

Die Kindesmutter erfährt seit Anbeginn der Geburt von Samuel in äußerst unregelmäßigen Abständen Gewalt durch den Kindesvater Max Brösel. Verbale Gewalt (ungerechtfertigte Kritik, bis hin zu versteckter Herabsetzung bis hin zu offener verbaler Gewalt mit Anschreien, Drohen) und auch vereinzelt körperliche Gewalt wie Schubsen, Packen am Arm wie auch in 2 Fällen Ohrfeigen).

 

Gegenüber beiden Kindern gab es zur Züchtigung Anschreien, für Samuel gab es in 2 Fällen Ohrfeigen.

 

An Weihnachten 2023 eskaliert die Situation. Am 24.12.23 kommt Frau Brösel müde aus der Praxis und fängt zu spät mit den Weihnachtsvorbereitungen an, nach dem Dafürhalten des Max Brösel. Als dann auch noch die Großeltern mütterlicherseits spontan erscheinen, ist Max Brösel nicht mehr zu halten. Die Großeltern landen kurzer Hand vor der Türe.

 

Frau Erna Brösel erhält irgendwann im Lauf des Abends eine Ohrfeige mit großem Geschrei, die Kinder werden aufs Zimmer geschickt und wagen sich nicht mehr aus ihren Zimmern zu bewegen.

An diesem Abend steht der Entschluss von Frau Erna Brösel fest, sie möchte die Scheidung und mit den Kindern ein eigenes Leben aufbauen, ohne den Vater und vor allem ohne Gewalt!

 

Erna Brösel verlässt bald darauf im Dezember 2023 die gemeinsame Wohnung und zieht mit den Kindern in eine eigene Wohnung. Beide Kinder möchten mit der Mutter mitgehen. Erna Brösel fördert aber in dieser Zwischenzeit, dass die Kinder den Vater Max Brösel regelmäßig sehen können. So pendelt sich eine Art Wechselmodell zwischen den Eltern und den Kindern ein, was die Kinder auch wollen. So sind sie meist eine Woche beim Vater in der Elternwohnung und dann 1 Woche bei der Mutter in der neuen Wohnung. Die Kinder nehmen es gut an. Doch leider hat Max Brösel im Gegensatz zu früher nun fast täglich schwere Ausraster gegenüber seinen Kindern. Im Gegensatz zu früher sind Anschreien, Beschuldigungen, Beleidigungen bis hin zu körperlichen Übergriffen (Ohrfeigen, Schubsen) nun auch gegenüber den Kindern nun an der Tagesordnung.

 

Ende Januar 2024 ist es dann so weit. Beide Kinder laufen in der Umgangszeit mit dem Vater zu Beginn der Woche einfach von dem Vater weg und gehen zur Mutter (sie wohnt nur wenige Straßen weg von der früheren Ehewohnung).

 

Später kommt der Vater bei seiner Frau in der Wohnung vorbei und fordert, dass die Kinder sofort zu ihm zurückkommen. Die Kindesmutter muss das leider bei dem aktuellen Zustand der beiden Kinder ablehnen. Beide Kinder sind völlig aufgewühlt und reagieren panisch.

 

Vor diesem Hintergrund stellt die Kindesmutter einen Antrag vor dem Familiengericht auf Alleinsorge. Inzwischen sagt der ältere Sohn Samuel, dass er seinen Vater bis auf Weiteres jetzt erst einmal gar nicht mehr sehen will.

 

 

Der kleinere Sohn Mark ist völlig verwirrt, weiß zunächst nicht was er sagen soll. Aber er möchte den Papa nur noch sehen, wenn er Schutz hat. Das kann er auch selbst sagen, ohne Mama.

 

Das Familiengericht nimmt sich des Falles an. Die Kindesmutter nimmt sich Rechtsanwalt Kummer. Er rät erst einmal zur Kooperation und zur Vorsicht. Die Kindesmutter hat den gesamten Sachverhalt Rechtsanwalt Kummer schriftlich im Detail geschildert und RA Kummer hat alles an das Gericht weitergegeben. Alle Verfahrensbeteiligten wissen über die Gewalt in der Beziehung aus der Schilderung der Kindesmutter.

 

Es kommt eine Verfahrensbeiständin hinzu, das Jugendamt wird mit zwei Vertreterinnen entsandt.

 

Der erste Gerichtstermin im Sorgeverfahren läuft erwartungsgemäß.

 

Vor dem eigentlichen Gerichtstermin, indem die Eltern zur Sachlage befragt werden sollen, werden die Kinder vorab unter Ausschluss der Öffentlichkeit nur mit der Familienrichterin und der Verfahrensbeiständin befragt.

 

Beide Kinder sind nervös. Samuel bleibt bei seiner Angabe, den Vater nicht sehen zu wollen.

 

Mark hingegen ist verwirrt. Er möchte den Vater schon sehen, aber nur mit Begleitung.

 

Anschließend bittet das Gericht die Eltern und ihre Rechtsvertreter hinzu. Die Kinder gehen mit der Großmutter inzwischen ein Eis essen.

 

Nun werden die Eltern angehört.

 

Der Vater äußert sich sehr erbost darüber, dass der ältere Sohn Samuel ihn gar nicht sehen möchte und besteht auf seinem Antrag auf Umgang wie vor kurzem im Wechselmodell mit beiden Kindern.

 

Die Kindesmutter wünscht ebenfalls weitere Umgänge der Kinder mit dem Vater, sieht aber im puncto Gewalt eine deutliche Steigerung beim Vater und möchte, dass der jeweilige Kindeswille respektiert wird. D.h. kein Umgang mit Samuel, begleiteter Umgang mit Mark und Alleinsorge für die Mutter.

 

Jugendamt und Verfahrensbeiständin äußern sich ablehnend gegenüber dem Ansinnen der Kindesmutter. Beide Kinder sollen weiterhin aus Kontinuitätsgründen sofort wieder zum Wechselmodell und zum Vater. Es wurde kritisiert, dass die Kindesmutter schlechte Zeichen setze. Beide Eltern sollen auch je die hälftige Sorge behalten bzw. Einschränkungen der Sorge hinnehmen.

 

Die Kindesmutter und RA Kummer sprechen das Thema Gewalt an. Dieses wird vom Gericht abgelehnt. Es ginge nicht um Gewalt. Es ginge darum die Kinder vor einer Entfremdung vom Vater zu schützen.

 

Das Wechselmodell müsse sogleich wieder aufgenommen werden.

 

Nach längerer Diskussion (ca. 3 stündige Verhandlung), ist das Gericht zunächst bereit eine Umgangsaussetzung für Samuel zu akzeptieren und für Mark eine Umgangsbegleitung zu installieren.

 

 

 

 

Doch das Gericht kündigt an, so keine Entscheidung im Fall treffen zu können. Es müsse in jedem Fall ein Gutachten zum Thema Sorge erstellt werden.

 

Die Kindesmutter selbst Psychologin hält das für vernünftig. Der Ehemann bestreitet seine Schuld am gesamten Thema und will ebenfalls eine Begutachtung.

 

Die Gutachterin Vogl 30 Jahre (ohne Erfahrung mit Gewaltproblematiken, bisher 3 Gutachten) wird beauftragt. Das Gericht gibt ihr den Auftrag festzustellen, wie künftig bzw. die Sorge geregelt werden sollte. Beide Kinder bei beiden Eltern, bei der Mutter oder Trennung der Kinder?

 

Die Umgänge werden schließlich über einen Zeitraum von 3 Monaten so durchgeführt, wie von den Kindern gewünscht. Samuel keinen Umgang, Mark hat alle 2-3 Wochen einen 4-6 Stundenumgang. Die Umgangsbegleitung wird von einem älteren Herrn begleitet, einem alten Elitesoldaten. Er ist freundlich und zugewandt, doch er hat keinerlei psychologische Erfahrung. So lässt er Mark öfter mit dem Vater ganz alleine und lässt es bewusst oder unbewusst zu, dass Mark vom Vater manipuliert werden kann.

 

Die Eltern gehen zusätzlich zu einer Elternberatung, nehmen getrennte Einzelgespräche wahr. Alle 14 Tage ein Gespräch.

 

Inzwischen fertigt die Gutachterin ihr Gutachten. Im Mai 2024 findet dann der 2. Gerichtstermin statt, indem die Gutachterin ihr Gutachten, das den Eltern bereits seit 2 Wochen vorliegt, präsentiert.

 

Das Sorgerechtsgutachten ist leider fehlerhaft und gar nicht als Gutachten zu klassifizieren:

 

  • Die Gutachterin bewertet nach eigenen Angaben die gesamte Familienakte im Rahmen ihres Gutachtens, teilt aber nicht mit, was genau und warum;
  • Die Gutachterin stellt Fragen aus der Familienakte an fremde Dritte und berichtet diesen Dritten von wem sie die Informationen hat;
  • Die Gutachterin stellt keine wissenschaftlichen Hypothesen an und untersucht diese anschließend. Sie befragt ausschließlich Personen in kurzen Gesprächen;
  • Die Gutachterin vermengt psychologische Fragen und rechtliche Fragen.
  • Am Ende des Gutachtens kommt die Gutachterin zu dem Ergebnis, dass die Eltern in einer konfliktiven Beziehung leben, beide ihre Anteile am Konflikt haben und beiden Eltern die Sorge bezüglich der Gesundheitssorge genommen werden müsse und ein Ergänzungspfleger eingesetzt werden müsse;(das war nicht Inhalt des gerichtlichen Auftrages).

 

In diesem Termin erlebt die Kindesmutter einen großen Schreck. Anstatt die Gutachterin zu rügen, unterstützt das Gericht die Gutachterin und ist für eine Einschränkung der elterlichen Sorge. Der Vater findet das gut.

 

Verfahrensbeiständin und JA sehen das ebenso.

 

Der Umgangsbericht des Umgangsbegleiters fällt sehr positiv aus, der Vater meistert die Termine toll. Er spricht sich für unbegleitete Umgangstermine mit Mark aus und meint, es wäre sinnvoll Samuel auch gegen seinen Willen zu den Umgängen anzuhalten. Schließlich brauche der Junge eine Anleitung!

 

Der Umgangsbegleiter hat auch mit Samuel sprechen dürfen und behauptet plötzlich, dass dieser ihm im Vertrauen gesagt habe, dass er eigentlich schon den Papa sehen will und bei Papa leben möchte. Samuel berichtete seiner Mutter gegenüber aber ganz anders.

 

 

Fazit:

 

Viele Eltern, die ihre Kinder schützen wollen z.B. hier vor Gewalt eines anderen Elternteiles, wäre es an sich richtig, die Sorge für sich zu beantragen, um die Kinder vor der Gewalt des anderen Elternteils schützen zu können.

 

Das wurde früher von der Rechtsprechung auch so gehandhabt.

 

Inzwischen gibt es die Istanbul-Konvention (seit 2018!!!) und auch hier wäre die Übertragung der Sorge auf den anderen Elternteil unbedingt sinnvoll!!!

 

Viele jüngere oder unerfahrenere Anwälte gehen diesen Weg auch.

 

Doch die Praxis läuft tatsächlich ganz anders!!!

 

Das ist derzeit ein Einfallstor. Gerichte wenden die Istanbul-Konvention nicht an.

 

Oft wird hier dann einem Elternteil und meist dem besorgten Elternteil oder sogar beiden Eltern die Sorge genommen oder so eingeschränkt, dass man kein vernünftiges Familienleben mehr führen kann!

 

 

 

Wichtig!!!!!!!

 

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Elisabeth Aleiter

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23.06.2024

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