Recht und Psychologie
Vorbemerkung:
Psychologie und Recht zwei sehr schwierige Materien? Für Rechtsanwälte ein unbedingtes Muss und zwar mehr als die so genannte Küchenpsychologie und das Kreisen um die eigene Befindlichkeit. Man ist gut beraten zu wissen, wie der Mandant und vor allem die Gegner „ticken“. Ein Rechtsanwalt sollte vor allem darum bemüht sein, seinem Mandanten die Psychologie der Gegenseite vor Augen zu führen. Verständnis hilft Reaktionen vorherzusehen, Enttäuschungen zu vermeiden und hilft gegen die übliche Schwarz-Weiß-Malerei. So wird die Möglichkeit für Alternativen und vergleichsweise Regelungen, so sie sinnvoll sind, geschaffen. Folgende Problemfelder sollten von Rechtsanwälten souverän beherrscht und gesteuert werden:
- I. Mandant und Rechtsanwalt 2 wie füreinander geschaffen? Oder wie Hund und Katz?
Wie lautete der Satz von meinem alten Lehrherrn, der Mandant ist und bleibt der größte Feind des Rechtsanwalts! Eine sehr bittere Wahrheit und wer so an einen Fall herangeht, arbeitet schon auf ein solches Ergebnis hin.
Diese Haltung verträgt sich auch keinesfalls mit den erarbeiteten Standards von Partnerschaftlichkeit, Gleichheit und Transparenz in der modernen Arbeitswelt. Hier soll der Mandant gehegt und gepflegt werden und es soll ihm auf Augenhöhe begegnet werden.
Anwälte sollten ihren potentiellen Mandanten aber in jedem Fall die Gelegenheit geben, sich in kostenlosen Erstgesprächen (durchaus 2-5 je nach Rechtstreit oder Aufgabe) gegenseitig zu beschnuppern. Wer dann gut mit dem Anderen kann, sollte wissen, dass man gute Mandate nicht alleine mit ersten guten Resonanzen stemmen kann. Die künftigen Partner sollten sich wie künftige Ehepartner auf ihre Haltung hin abfühlen. Wer ähnliche Haltungen hat, vertritt sich gegenseitig leichter. Denn nicht nur der Mandant braucht den Anwalt auch der Anwalt braucht seinen Mandanten.
Doch man sollte unbedingt beide Seiten davor warnen. Es geht nicht um tumbe Verbrüderung. Rechtsanwalt und Mandant müssen unbedingt immer und ausnahmslos sachlichen und fachlichen Abstand halten, sonst können Risiken nicht mehr eingegangen und vernünftig abgewogen werden.
Auf den Eindruck des ersten Augenblicks, sollten sich sowohl Mandant und Anwalt aber in jedem Fall sicher verlassen. Wenn da keine Überzeugung oder positives Bild erzeugt wird, tun beide gut daran weiter zu suchen.
Wenn der Mandant dann sagt, ja aber er macht einen guten Eindruck, ich mag ihn aber nicht oder wenn der Rechtsanwalt sagt, der geht mir tüchtig auf die Nerven aber das Honorar sieht gut aus. Solche Zweckgemeinschaften gehen meist tüchtig schief und das gute Honorar muss meist teuer bezahlt werden.
- II. Nicht alle Mandanten, die einen Rechtsstreit oder eine Beratung wünschen, werden das überleben!
Psychologie und ein Verständnis für Menschliches kann in der Tat Leben retten. So sollte ein Rechtsanwalt, der von seinen Mandanten für einen längeren Rechtsstreit oder eine Gestaltung mandatiert wird, in der Lage sein, zu klären ob diese tatsächlich belastbar sind.
Mandanten geraten durch Rechtsstreite oder Beratungen in einen für sie oft auswegslosen Zustand. Rechtsanwälte müssen das erkennen und eine Form der Kommunikation finden. Für mich gehört es inzwischen zum Standard, Mandanten zu Beginn von längeren Rechtsstreitigkeiten (Strafrecht, Familienrecht, Erbrecht, Bankenprozesse, auch alle anderen Streitigkeiten mit oder in der Familie mit Freunden und Bekannten) auf eine potentielle Lebensgefahr hinzuweisen und sich kritisch zu fragen, ob das wirklich gewünscht und durchgehalten werden kann. Dabei sollte vor allem auf die durchschnittliche Dauer hingewiesen werden und die damit zusammenhängenden üblichen Belastungen. Mandanten müssen ebenfalls verstehen, dass sie zwar einen loyalen Vertreter an ihrer Seite haben aber sie müssen die meisten Belastungen selbst psychologisch verarbeiten.
- III. Der Umgang mit älteren Mandanten
Der Umgang mit älteren Mandanten erfordert besonderes Fingerspitzengefühl, Verständnis und Übersicht.
Ältere Menschen sind in jedem Fall besser erzogen als jüngere Menschen d.h. sie folgen im Gespräch dem Rechtsanwalt und akzeptieren in aller Regel eher was er sagt und fordert.
Das sollte aber keinesfalls dazu verführen diese Mandanten zu überfordern. Es muss sehr darauf geachtet werden, ob die Akzeptanz mit Wissen zu tun hat oder einfach nur mit guter Erziehung. Hier empfehlen sich freundliche aber bestimmte Rückfragen.
Wer nichts über Wissensstand und Belastbarkeit seiner Mandanten erfährt, steuert u.U. geradewegs ins Chaos.
Die Altersvorsorge spielt bei älteren Menschen eine zentrale Rolle. Die Beratung wirkt simpel. Viele Anwälte sehen das als gutes Zubrot. Doch der Schein trügt.
Mandanten müssen ohne dass sie es als Unverschämtheit empfinden können, auf Verständnisschwierigkeiten, auf Einschränkungen (Hören und Sehen) abgeprüft werden. Weiterhin muss mit Behinderungen gerechnet werden und Hausbesuche eingeplant werden.
Ältere Mandanten, die den Anwalt aufsuchen, sind aufgeregt und müssen erst einmal auf die Situation eingestimmt werden.
- IV. Der Umgang mit verschiedenen Nationalitäten
Feingefühl, Takt, andere Sprachen, Verständnis ist hier besonders gefragt. Hier durfte ich wieder meine Schulsprachen aktivieren. Eine gute Gelegenheit für Rechtsanwälte wieder Sprachgefühl zu aktivieren. Die Mandanten danken es vielfach!
- V. Der Narzisst (Borderliner, Bipolare Störungen u.a.)
Ist das als Mandant oder als auch als Gegner ein Horror? Nein aber nur, wenn man ihn erkennt und dieses Wissen auch entsprechend einzusetzen weiß.
Die Websites und Berichte sind voll vom bösen Narzissten. Das ist, wenn man den Seiten glauben darf, der neue böse Wolf.
Doch, Narzissmus ist so alt wie die Menschheit selbst. Nichts wovor man sich fürchten sollte.
Narzissmus wird als Persönlichkeitsstörung von Menschen bezeichnet, die in den prägenden Kindheitsjahren Misshandlungen, Missbrauch oder anderen zutiefst verunsichernden Situationen ausgesetzt waren. Aus dieser Notsituation haben diese Menschen gelernt „vorzusorgen“. Sie gehen in jede zwischenmenschliche Beziehung und „scannen“ ihr Gegenüber nur zur Vorsicht. Gibt es dann zwischenmenschliche Auseinandersetzungen, die u.U. der Narzisst völlig anders bewertet als der Normalverbraucher, kann es dazu kommen, dass der Narzisst in seine Schutzhaltung kommt. In dieser Situation ist wirklich Vorsicht geboten. Narzissten setzen dann ihr Wissen über die Person gezielt ein, um diese zu lenken, zu bekämpfen und zu zerstören. Aber nicht nur das, oft auch um diese Person an sich zu binden.
Gerade in Scheidungsverfahren ist das ein großes Problem. Scheidungsverfahren mit Narzissten dauern in aller Regel deutlich länger als mit Nichtnarzissten, vor allem wenn Kinder involviert sind.
Ist der Narzisst Mandant, so hat ein Rechtsanwalt erst einmal einen fleißigen und guten Mandanten. Doch die Freude währt nicht lange, wenn der Rechtsanwalt nicht beherzigt, dass auch das Mandatsverhältnis einmal scheitern könnte. Dann wird der Narzisst auch wissen, was sein Anwalt für eine Person ist und welche Fehler er macht. Hier ist äußerst vorsichtiges Arbeiten, Transparenz und unbedingte Sachlichkeit dringend geboten. Jeder Fehler wird der Anwalt im Streitfall mit dem Mandanten zu spüren bekommen.
Fazit:
Die Psychologie ist für alle Selbständigen das größte Hemmnis. So zumindest die herrschende Überzeugung. Tatsächlich bietet sie ungeahnte Möglichkeiten und Hilfestellungen. Wer etwas davon beherzigt, kommt schneller zum Ziel aber mit der Umgebung und er arbeitet nicht gegen sie.
Wichtig!!!!!!!
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Elisabeth Aleiter
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05.12.2019